Viele Kanister stehen nebeneinander vor einem Zelt. (Archivbild: 2000=
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Sanktionen gegen den Iran Pakistans Kampf gegen den Öl-Schmuggel

Stand: 19.05.2024 18:27 Uhr

Eigentlich darf der Iran kein Öl exportieren - doch abgefüllt in Kanistern gelangt der Rohstoff in Millionenwert ins Nachbarland Pakistan. Während Teheran von dem Schmuggel profitiert, können sich Pakistans Behörden kaum wehren.

Dutzende Pick-Ups. Hunderte Motorräder. Alle so voll es geht, beladen mit blauen Kanistern, links und rechts neben der Sitzbank festgeschnallt oder auf der Ladefläche übereinandergestapelt.

Dass organisierter Schmuggel von sanktioniertem Öl so aussehen kann, ist auf den ersten Blick nur schwer zu glauben. Doch zwischen Pakistan und dem Iran ist es Alltag: Öl im Wert von mehr als 900 Millionen Euro soll nach Zahlen der Regierung in Islamabad 2023 illegal die Grenze überquert haben.

Sie ist rund 900 Kilometer lang und führt über schwer zugängliches Berg-Terrain. Es fehlt oft an festen Straßen. Die Region gilt als arm und teils sogar als gesetzlos. Auch deshalb floriert der Schmuggel. Aus dem Iran gelangt dabei nicht nur Öl nach Pakistan, sondern auch Alltagsprodukte wie Elektronik, Shampoos oder Dollar-Scheine, die in dem von Inflation gebeutelten Land für viele wichtiger sind als die eigene, nationale Währung. Schätzungen gehen davon aus, dass 2022 der Schwarzmarkt 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betrug. Das heißt, dass ein großer Anteil der Wirtschaftsleistung außerhalb staatlicher Kontrollen stattfindet.

Pakistan veröffentlicht Schmuggler-Liste

Der Iran wiederum ist eines der am schärfsten sanktionierten Länder der Erde. Deshalb sei es wahrscheinlich, meint der pakistanische Analyst und Buchautor Shakeel Ahmad Ramay, dass jeder, der von dort Öl importiere, dies vom iranischen Staat kaufe.

Wegen der Sanktionen musste das iranische Regime neue Absatzmärkte finden - und fand in Pakistan enormen Bedarf vor: Dort hat sich aufgrund hoher Energiepreise ein "Parallelmarkt" für illegal importiertes Öl entwickelt. In Regierungspapieren ist von "kolossalen Verlusten" bei den Steuereinnahmen die Rede.

Der pakistanische Staat hat dazu Zahlen und Namen veröffentlicht. Ende April wurde eine Liste publik. Sie enthält Namen von mehr als 100 Staatsbeamten, die am Ölschmuggel aus dem Iran beteiligt sein sollen. Auch Telefonnummern finden sich auf der Liste. Hinzu kommen Besitzer und Betreiber von über 500 Tankstellen, die an dem Schmuggel beteiligt sein sollen.

Dass die Liste an die Öffentlichkeit kam, ist allerdings nur die jüngste Entwicklung eines schon seit längerem andauernden Prozesses. Im September beschlagnahmte Pakistan laut des zuständigen Innenministeriums iranisches Öl im Wert von einer halben Million Euro. In einer anderen Provinz Pakistans wurden seitdem Güter im Wert von rund vier Millionen Euro beschlagnahmt. Auch Festnahmen soll es laut dem pakistanischen Analysten Ramay schon gegeben haben. Pakistans Kampf gegen den Schmuggel und Schwarzmarkt findet somit nicht nur auf dem Papier statt.  

Ex-Beamter kritisiert Härte von Sanktionen

Solche Maßnahmen glichen in Pakistan allerdings eher einer Sisyphos-Arbeit, warnen Analysten. Denn die wirtschaftliche Lage im Land ist schlecht. Viele Einwohner verdienen am Schmuggel mit. Sie kaufen sanktioniertes Öl im Iran billig ein und bringen es mit vollgeladenen Motorrädern über die Grenze nach Pakistan. Wo das Öl bis zu doppelt so teuer verkauft werden kann, schätzt Ramay.

Zudem nutzen viele angesichts der enormen Inflation ins Land geschmuggelte US-Dollar als zuverlässige Währung. Auch für den Schwarzmarkt ist er ein wichtiges Zahlungsmittel.

Warum sich Pakistan in einer solchen Situation an westliche Sanktionen halten müsse, ist für den ehemaligen Staatssekretär im Ministerium für Öl und Natürliche Ressourcen, Ahmed Gulfraz, dabei nicht verständlich: Denn der Schwarzmarkt floriere auch deshalb, weil Pakistan offiziell kein Öl aus dem Iran beziehen dürfe.

China allerdings kaufe - Sanktionen hin oder her - Öl aus dem Iran. Nachbar Indien mache das gleiche mit sanktioniertem Öl und Gas aus Russland. Gulfraz fordert vom Westen deshalb, auf die schwierige Lage Pakistans einzugehen: Regeln sollten für alle gleich sein.

Pakistan hat seine Präsenz in der Grenzregion zum Iran ausgebaut. Schon beschweren sich lokale Gemüsehändler, ständig kontrolliert zu werden. Einige gehen sogar davon aus, dass Pakistans Kampf gegen den Schmuggel auf lokalen Widerstand treffen werde - denn eine Alternative biete Pakistan den Menschen vor Ort nicht an.

Karte Iran, Pakistan mit Teheran, Saravan und Islamabad und der Region Sistan und Balutschistan